Alle 100 Sekunden erkrankt in Deutschland ein Mensch an Demenz. Das heißt konkret: Jedes Jahr treten mehr als 300.000 Neuerkrankungen auf. Derzeit sind ca. 1,7 Millionen Menschen betroffen. Im Jahr 2050 werden es 3 Millionen sein. 75% der Demenzkranken werden zuhause betreut.

Mit diesen Zahlen ließ Hanna Büsch, die 20 Jahre als gerontopsychiatrische Fachkraft in der Demenzbetreuung tätig und 14 Jahre Referentin beim Europäischen Netzwerk für Psychobiografische Pflegeforschung war, keinen Zweifel an der Dringlichkeit des Problems.

Eingeladen von der stv. Ortsvorsitzenden, kandidierenden Gemeinderätin sowie Schwarzenbrucks Behindertenbeauftragten Petra Hopf unterschied Frau Büsch in ihrem Vortrag „Ver-rückte Welt – Umgang und Kommunikation mit Demenzkranken“ einleitend zwischen der „Primären“ und der „Sekundären“ Demenz.

Die Primäre Demenz mit ihren unterschiedlichen Erkrankungsarten, von denen Alzheimer wohl die bekannteste ist, können trotz intensiver Forschung noch nicht geheilt werden, sie gleichen einem „langsamen Sterben“, so Büsch. Ebenso berühmt wie ergreifend ist in diesem Zusammenhang das Wort des inzwischen verstorbenen, herausragenden Rhetorikers und Altphilologen Walter Jens: „Mir ist die Sprache gestorben.“

Im ersten Stadium lässt das Kurzzeitgedächtnis, das abstrakte Denkvermögen und der Orientierungssinn mehr und mehr nach. Von den Betroffenen werden diese Veränderungen bewusst wahrgenommen und oft Verleugnungs-, oder Beschuldigungsstrategien entwickelt. Durch frühzeitige Diagnostik und medikamentive Therapie kann hier eine Verbesserung der Symptome oder ein verzögertes Fortschreiten der Demenz erzielt werden. Hilfreich im Umgang sind körperliche Aktivitäten, Musik, Anknüpfen an biografische Lebensereignisse, Vermeidung von defizitorientiertem Vorgehen und Förderung von Ressourcen.

In der zweiten Phase geht u.a. die „Alltagskompetenz“ verloren, das Anziehen, Essen oder Körperpflege fällt schwer, die Orientierung fällt nahezu ganz aus. Neben dem verlorengehenden Zeitgefühl können Verhaltensstörungen wie Aggressivität, Unruhe, Wahnerleben, Enthemmung, Affektlabilität oder Apathie bei 70-90 % der Demenzpatienten auftreten. Im Alltag sind diese Verhaltensweisen der größte Stressor für betreuenden Angehörigen.

Der stv. CSU-Orts- und Fraktionsvorsitzende und Bürgermeisterkandidat Markus Holzammer hieß mit seiner Kollegin im Vorstand und Gemeinderatskandidatin Petra Hopf (r.) die Referentin Hanna Büsch herzlich willkommen.

Foto: privat

Für diese Situation empfiehlt Hanna Büsch: „Gehen Sie auf Ursachensuche, wie z.B. Schmerzen oder körperliches Unwohlsein. Streiten Sie nicht. Beharren Sie nicht auf der Realität. Bestätigen Sie die Sichtweise des dementen Menschen.“ Die Gefühle bleiben bei Demenz länger erhalten als der Verstand.

Ansonsten gelte: Verständnisvolle, der individuellen Situation angepasste Zuwendung in einer ruhigen Umgebung.

Das dritte und letzte Stadium ist geprägt von vollständiger Hilfe, etwa beim Essen. Die Erkrankten sprechen kaum noch, erkennen ihre Familie oder Verwandtschaft nicht mehr, Kontrollverlust von Blase und Darm setzen ein. Es kommt häufig zu Stürzen, Schlucken fällt zunehmend schwer. Das Endstadium schließlich ist geprägt von vollständigem körperlichem Verfall.

Besonderen Wert legte Frau Büsch ausdrücklich und mit Informationsmaterial auf den Hinweis, dass Angehörige, die diesen äußerst belastenden Krankheitsverlauf miterleben, selbst Hilfe bei Beratungsstellen suchen sollten: „Schützen Sie sich vor Überlastung und Überforderung, achten Sie auf sich selbst.“

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